Heilpraktiker: Quacksalber oder sanfte Alternative? | SWR Doku

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Published 2020-11-09
Rund 47.000 Heilpraktiker gibt es in Deutschland. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit, denn ihre Methoden gelten vielen als "sanft" und "natürlich". Doch: Für die Ausbildung zum Heilpraktiker gibt es keine verbindlichen Standards. Anders als Ärzte absolvieren Heilpraktiker eine Schmalspurausbildung, in der Regel sehen sie dabei keinen einzigen Patienten. Für die Zulassung reicht ein Hauptschulabschluss, die angehenden Heilpraktiker müssen lediglich eine Überprüfung beim Gesundheitsamt bestehen, die einen Multiple-Choice-Test und eine mündliche Prüfung umfasst. Zu den naturheilkundlichen und anderen alternativen Verfahren, die sie später in ihren Praxen anwenden, werden sie gar nicht geprüft.

Wer die Überprüfung besteht, hat enorme Befugnisse: Heilpraktiker dürfen Spritzen setzen und Infusionen anlegen. Es ist ihnen gesetzlich erlaubt, Diagnosen zu stellen und selbst schwere Krankheiten wie Krebs zu behandeln. Das kann zu tragischen Behandlungsfehlern führen: Im Juli 2016 starben die Niederländerin Joke K. und zwei weitere Patienten, nachdem ihnen ein deutscher Heilpraktiker während einer alternativen Krebstherapie eine gefährliche Chemikalie verabreicht hatte.

Vor dem Landgericht Krefeld wird er wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen verurteilt. Das Aufsehen erregende Verfahren wirft ein Schlaglicht auf eine Berufsgruppe, über deren mangelhafte Ausbildung kaum jemand etwas weiß - und die zudem von den Behörden kaum kontrolliert werden kann. Ein gefährlicher Sonderfall im deutschen Gesundheitswesen.

Filmautorin Claudia Ruby ist es gelungen, einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen einer Branche zu werfen, die es so in keinem anderen westlichen Industrieland gibt: Warum dürfen Heilpraktiker in Deutschland Kranke behandeln, obwohl sie keine adäquate medizinische Ausbildung haben? Warum lassen sich jedes Jahr Millionen von Patienten mit Verfahren behandeln, von denen viele erwiesenermaßen nicht helfen oder sogar schaden? Wieso haben Heilpraktiker enorme Freiheiten, während alle anderen Bereiche des Gesundheitswesens streng reguliert sind? Und: Was muss die Politik tun, damit Heilpraktiker nicht zur Gefahr für ihre Patienten werden?

Diese Doku von Claudia Ruby für die Reihe "Story im Ersten" trägt den Originaltitel: Heilpraktiker: Quacksalber oder sanfte Alternative?, Ausstrahlungsdatum: 09.11.2020. #swrdoku #swr
Alle Aussagen und Fakten entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert.

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All Comments (21)
  • @akku4819
    Nach 5 Jahren Psychologiestudium muss noch ne jahrelange Weiterbildung zum Therapeuten gemacht werden. Heilpraktiker dürfen das nach nem "Wochenendkurs" Verstehe einfach nicht warum das in Deutschland erlaubt ist.
  • @johnerdam961
    Diese Birgit Eberle mit ihren Holzscheiben ist 1A Realsatire! Das ist besser als Postilon!
  • @whocares7093
    Homöopathie ist NICHT gleich Naturheilkunde. Die Begriffe werden häufig verwechselt oder als Synonym gebraucht. Medizin kann durchaus natürlich hergestellt werden. Im Endeffekt beruhen auch im Labor hergestellte Medikamente auf Wirkstoffen die in der Natur gefunden werden können. Naturheilkunde (=Behandlung mit in der naturvorkommenden Substanzen) kann nachweislich medizinisch wirksam sein. Homöopathie dagegen nutzen Methoden die KEINE nachgewiesene Wirkung über den Placeboeffekt hinaus besitzen.
  • Problem ist, dass viele Leute das mit Naturheilkunde verwechseln
  • Ich bin immer wieder geschockt, das so etwas in der heutigen Zeit in D praktiziert werden darf. Ich persönlich finde die Idee einen Menschen ganzheitlich zu behandeln und den ganzen Körper zu sehen durchaus wichtig und auch das Einfühlungsvermögen kommt in der Schulmedizin oft zu kurz aber deswegen kann man es doch nicht zulassen irgendwelche Menschen, die diesen Beruf des Mediziners nicht gelernt haben, nahezu die "Macht" eines Arztes zu geben. Das ist wie wenn ich einem kleinen Kind sage: mach mal meine Steuererklärung. Nur mit weniger schlimmen Konsequenzen. Der Beruf des Heilpraktikers, wenn es ihn denn weiter geben sollte, braucht eine 3-jährige Ausbildung und klare Regeln. Wenn man einen Kranken mitfühlend begleitet und ihn mit Kräutern unterstützt aber auch erkennt wann der Patient einen richtigen Arzt braucht, dann ist dagegen nichts zu sagen. Aber der ganze Hokuspokus und die gefährlichen Mittel müssen verboten werden. UND es müssen gerechte Strafen her. 2 Jahre auf Bewährung und er darf weiter machen und das bei 3 verschuldeten Toten. Das ist absurd und ich schäme mich dafür, dass dieser Irrsinn bei uns möglich ist.
  • @MrsPeel2305
    Antwort: Quacksalber! Meine Tante hat sich mit schweren Depressionen hilfesuchend an eine Heilpraktikerin für Psychotherapie und klinische Hypnose gewandt. Jetzt ist sie tot. Diese HP bietet von Nikotinentwöhnung über Gewichtsreduktion, Traumatherapie, Hilfe bei Ängsten und Depressionen eine breite Palette an. Meine Tante hätte aber PROFESSIONELLE Hilfe gebraucht!!! Wie ich dann gelesen habe, ist Hypnose bei schweren Depressionen kontraproduktiv, um nicht zu sagen: sehr schädlich! Als der nächste Termin bei der HP abgesagt und ihr mitgeteilt wurde, wie meine Tante gestorben ist, da hat sie nur lapidar gesagt: Da konnte man nichts machen, das hat sie so gewollt. NIEMALS hat sie das GEWOLLT, NIEMALS hätte sie das sich und ihrer Familie angetan, wenn sie ein adäquate Behandlung bekommen hätte.
  • 2 Jahre auf Bewährung ohne Berufsverbot??? Was???? Ich bin schockiert …. 😢😢😢
  • @tamia70
    Ich finde es echt gut, dass immer mehr darüber aufgeklärt wird.
  • Der Mann meiner damaligen Nachbarin hatte Magenkrebs. Sie sind zu einem Heilpraktiker gegangen und der hat das alles „ausgependelt“. Er ist jetzt tot.
  • wie man einfach ab 19:25 genau sieht, dass sie bewusst das pendel mit der hand vertikal oder horizontal schwingen lässt...zu gail
  • @Zamanta-jn4kh
    Wenn ich schon das Wort entgiften höre…. Fürwas gibt es die Leber?
  • @JJJT-
    Ich komme zu einem Teil aus einer Ärztefamilie und dem anderen Teil aus einer Familie mit praktizierenden Heilpraktikern/Naturmedizinern und kann dadurch seit Kindesbeinen ganz gut hinter beide Kulissen schauen. Meine Erfahrungen reichen auch noch darüber hinaus, da ich ja auch die Freunde/Bekannten/Kollegen kenne und meine Mutter Naturheilkundler ausbildet, sie selbst Heilpraktikerin ist, und ich immer wieder bei der Steuer und den Seminaren etc helfen durfte/musste. Wie immer haben wir auf beiden Seiten gute und schlechte Dinge. Wenn ich mit den Ärzten meiner Familie/Bekannten diskutiere passiert dies meist auf sachlicher Basis mit Argumenten die nachvollziehbar und meist wissenschaftlich und rational überprüfbar sind, wenn man sich bildet und es ist auch nicht problematisch, wenn man einmal nicht übereinkommt und eine gegenteilige Meinung hat. Bei der Seite der Heilpraktiker/Naturmedizinern ist das Ganze eher emotional getrieben und überwiegend glaubensbasiert. Diskussionen sind sehr zäh und schwierig sobald man die Meinung nicht teilt. Dazu kommt dann oft noch eine sehr esoterische Sichtweise und man wird ständig bombardiert mit diversen unbelegten Dingen, wie dass 5g Tiere umbringt, WLAN und Handystrahlung uns alle krank macht, impfen ist sowieso pauschal ganz was böses, Masken tragen bei Kindern hat langfristig negative Auswirkungen auf die Gehirnbildung durch Kohlendioxid Stauung im Körper, Wünschelruten, Heilsteinkunde, Pendeln und hinter vielen Dingen wird ständig eine Abschaffung der Demokratie und Kontrolle der Bevölkerung felsenfest behauptet. Belege für diese Dinge, sei es um zu belegen, dass Dinge "böse" sind oder andere wirken, sind dann meist Vorträge oder Schriftstücke von Personen aus dem gleichen Dunstkreis. Als Beleg, dass dies seriös sei muss dann der Doktortitel (in welcher Disziplin auch immer) der Person ausreichen. Ich habe als Schüler ein Jahr lang im bible belt der USA gelebt und diese Diskussionen erinnern sehr stark an die "Diskussionen" die ich mit fanatisch evangelikalen Christen dort geführt habe. Und wer glaubt, dass es den Schulmedizinern nur ums Geld gehen würde und den Heilpraktikern/Naturmedizinern nicht, der ist auf dem Holzweg. Ich kenne die Steuererklärungen und habe mich früher um die IT einiger dieser Heilpraktiker/Naturheilkundler gekümmert. Da geht es hinter den Kulissen bei den meisten primär um Kohle und zwar gar nicht so wenig. Da können Schulmediziner teilweise nicht mithalten. Vordergründig will man ja nur helfen und der Mensch stehe im Mittelpunkt... Da geben sich beide Seiten nicht viel. Das Hauptproblem ist jedoch, dass Heilpraktiker/Naturmedizinern nur sehr niedrige Anforderungen haben um sich so nennen zu dürfen und auch die Regeln und Gesetze sind mehr als lasch, ganz im Gegensatz zu den Ärzten. Das zieht leider zu einem großen Teil einen ähnlichen Menschenschlag an. Auf der anderen Seite ist in der Schulmedizin auch viel im argen, hier hauptsächlich die fehlende Zeit für den Patienten und dass der Patient sich ernst genommen fühlt. Es bringt nichts die eine oder andere Seite pauschal zu verurteilen, meiner persönlichen Erfahrung nach, bin ich aber bei einem guten Schulmediziner (mein Onkel) deutlich besser aufgehoben als bei einem guten Heilpraktiker (ja auch so jemanden kenne ich). Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich eher ein sachlicher und rationaler Mensch bin und mit dem Konzept glauben nicht so viel anfangen kann.
  • @fRdeady
    Hab heute versucht paar Viren zu löschen, leider auch aus Versehen nen Großteil meines Hirns gelöscht.
  • @HSHBejah
    Menschen die mindestens 6 Jahre Medizin studiert, einen Doktortitel und praktische Erfahrung haben werden ähnlich dargestellt wie jemand der nach der Hauptschule mal eben für 1500€ einen "Erste Hilfe" Kurs gemacht hat und jetzt mit Krankheiten sprechen kann. Ein Notfallsanitäter hat 3 Jahre Ausbildung und massiv praktische Erfahrung und darf aber keine Medikamente geben und selbst ein Zugang (Infusion) ist rechtlich schwierig. Der Heilpraktiker darf dies tun nach einem kurzen Kurs. Mein Großvater ist damals fast an einer Blutvergiftung gestorben weil sein Heilpraktiker ihm mehrfach Globoli gegen eine Blasenentzündung gegeben hat. Im täglichen Leben in der Notfallmedizin bekommt man solche Fälle immer mal wieder mit, das ist keine Seltenheit! Heilpraktiker dürfen viel zu viel und gefährden Patienten durch pure Inkompetenz.
  • Heilpraktiker können besser zuhören. Ist ja auch kein Wunder, sie können jede Minute abrechnen, verdienen um so mehr, je länger sie zuhören.
  • @MW-lr4kr
    Der krasse Fehler im System ist halt, dass Heilpraktiker machen können was sie wollen, aber Krankenschwestern können weder eine eigene Praxis aufmachen noch Gespräche (z. B. in Hausarztpraxen) abrechnungsfähig übernehmen (bis auf wenige Ausnahmen im Rahmen von Hausbesuchen). Was wir brauchen ist die Abschaffung des Heilpraktikers und die Einführung von Community Nurses, Mental Health Nurses und Nurse Practitioners. Gerade Gespräche sind super wichtig - dafür muss man kein Arzt sein. Aber doch bitte qualifiziertes, supervidiertes Fachpersonal.
  • @hanswurst7334
    Ich war noch nie so stolz GEZ gezahlt zu haben. Guter Beitrag. Es muss aufgezeigt werden, was in Deutschland läuft.
  • @lin13.
    Ich halte nichts von der Heilpraktik. Aber von mir aus darf die bestehen aber bitte doch sollte es Regeln und Gesetze geben, wie in allen Berufen....