Warum essen wir, was wir essen? | 42 - Die Antwort auf fast alles | ARTE

1,849,355
0
Published 2021-12-10
Es fängt schon beim Frühstück an: Müsli oder Spiegelei? Kaffee oder Tee? Brot oder Croissant? Wir treffen 200 Entscheidungen pro Tag, wenn es ums Essen geht. Einerseits lieben wir die Vielfalt, andererseits macht sich kein anderes Lebewesen so einen Kopf um die täglichen Mahlzeiten. Und oft suchen wir uns noch Dinge aus, die gar nicht gut für uns sind ...

Der Urmensch hatte es da noch leichter. Da gab es einfach das zu essen, was gerade verfügbar war: Körner, Beeren, Samen, etwas Fisch und manchmal etwas Fleisch. Doch dann passierte etwas, was unser Essensverhalten für immer verändern sollte: Wir begannen zu jagen. Damit setzte eine folgenreiche Parallelentwicklung ein: Mehr Protein in der Nahrung und mehr Zusammenarbeit während des Jagens führte zu einer massiven Vergrößerung unseres Gehirns, erklärt der Frankfurter Evolutionsgenetiker Axel Janke.
Damit wurden wir immer schlauer darin, Nahrung zu finden, zuzubereiten und für uns zu optimieren. In nur zwei Millionen Jahren verdreifachte sich die Größe unseres Denkapparats – und unsere Nahrungsvielfalt. Natürlich haben wir starke evolutionäre Bedürfnisse, wenn es ums Essen geht, wie Hunger oder die Präferenz für Süßes oder Energiereiches. Komplexe Systeme im Körper signalisieren uns konkreten Appetit auf bestimmte Dinge, das kann man sogar mit modernen medizinischen Methoden nachweisen, erklärt die Münchner Ernährungswissenschaftlerin Marina Lommel.
Aber inzwischen ist etwas anderes an vorderste Stelle getreten, wenn es um unsere Nahrungsauswahl geht: unsere Gefühle. Diese steuern heute mehr als alles andere unsere Auswahl, wenn es ums Essen geht, davon ist die Ernährungspsychologin Katja Kröller von der Hochschule Anhalt überzeugt. Das versucht sich die Industrie zunutze zu machen: Wir sollen das essen, was die Nahrungsmittelhersteller wollen, warnt der Neuroendokrinologe Robert Lustig von der Universität San Francisco. Die Industrie mischt vor allem Zucker unter viele Produkte, weil der uns abhängig machen kann. Haben wir da überhaupt noch eine Chance, uns im Dschungel der Riesensupermärkte unserer Zeit das Richtige auszusuchen?

Dokureihe, Regie: Doris Tromballa (D 2021, 30 Min)

Hier geht es zum Soundtrack von 42: so.arte/spotify_playlist
Hier geht es zur Playlist von 42: so.arte/42_playlist

Quellen und weiterführende Links:

1. Der frühzeitliche Mensch
Goethe Universität Frankfurt, Institut für Evolutionäre Genomik, Prof. Axel Janke: www.bio.uni-frankfurt.de/45734971/Evolutionaere-Ge…
Wie Jagen das menschliche Gehirn veränderte (Studie): www.mdpi.com/2571-550X/4/1/7, journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journ…

2. Wie Hunger und Appetit entstehen und reguliert werden
Hypothalamus und Co.: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2710609/
Darm-Hirn-Achse: www.spektrum.de/news/die-darm-hirn-achse/1378268

3. Zucker & Fertigprodukte
Zucker macht krank und süchtig: pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20800122/
Fertigprodukte in der Kritik: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7694501
Website Dr. Robert Lustig: robertlustig.com/

4. Achtsamkeit beim Essen
Mehr Achtsamkeit beim Essen bedeutet richtige Auswahl der Portionsgrößen: pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30859465/,
Überblick Achtsamkeit & Nahrungsaufnahme: pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28718396/


#essen #wissenschaft #doku
Video auf Youtube verfügbar bis zum 11/12/2022
Abonniert den Youtube-Kanal von ARTE:  youtube.com/user/ARTEde

Folgt uns in den sozialen Netzwerken:
Facebook: www.facebook.com/ARTE.tv
Twitter: twitter.com/ARTEde
Instagram: www.instagram.com/arte.tv/

All Comments (21)
  • @thinker_211
    Erstaunlich, was man durch die Doku über das essen lernt und die Psychologie dahinter. Aber auch wie Emotionen entstehen können.
  • @shot88kl74
    Ich vermisse "Langeweile" bei der Aufzählung zu den Essensgründen 🤔
  • Sorry, ich muss klugscheißen: 1. Es gibt kein Lustzentrum im Körper. Lust entsteht durch Dopamin. Und das wird an mehreren Stellen im Körper, aber v.a. im Gehirn ausgeschüttet. 2. Dopamin ist kein Glückshormon. Dopamin ist ein Neutransmitter, was für Motivation, Aktivierung und Verfolgung von Zielen zuständig ist, sowie auch für die Regulierung von Organfunktionen. Gleichzeitig ist es Ausgangsstoff von Adrenalin, Norepinephrin, Cortisol und anderen Hormonen und Neurotransmittern. Die Dopaminregulation ist z.B. gestört, bei einer ungesunden Lebensweise, wie zu viel Stress, falscher Ernährung, Drogenabhängigkeiten, psychischen Störungen oder Krankheiten, wie z.B. Parkinson. Vereinfacht gesagt: Zu viel Adrenalin macht hyperaktiv. Zu viel Nor-Epinephrin macht ängstlich. Zu viel Cortisol macht Autoimmunerkrankungen. Zu wenig Adrenalin und Norepinephrin macht lethargisch und reaktionsträge. Zu wenig Cortisol erschwert die Imunabwehr gegen körperfremdes, wie Bakterien und Viren. Ist die Dopaminregulation gestört, sind auch das Verhältnis aller Folgeprodukte gestört. Mehr Dopamin ist also ungleich mehr Glück. Balance ist das Zauberwort. 3. Dr. Robert Lustig ist nicht der erste, der sagte: "Zucker ist schlecht". Pr. Dr. John Yudkin tat das bereits in den 50ern. Das und auch den Konflikt mit Ancel Keys falscher Fetthypothese und den Einfluss der Lebensmittellobby hätte man mMn erwähnen können. 4. Verarbeitetes Essen ist nicht zwangsläufig Gift. Paracelsus sagte bereits: "Die Dosis macht das Gift." Verarbeitetes Essen ist Gift, wenn wir uns ausschließlich davon ernähren. Oder wenn die Ernährung zu einseitig ist. 5. Frau Lommel behauptet Zucker hätte keinen Nährwert. Das stimmt so leider nicht. Die Kalorien sind pure Energie, die in unserem Körper verstoffwechselt werden. Ja, es sind leere Kalorien, da keine Vitamine, Mineralien oder Balaststoffe enthalten sind. Aber nein, es hat einen Nährwert. Man kann sogar davon satt werden. Weiterhin würde ich Zucker nicht bloß als Zusatzstoff bezeichnen. Es kommt in Form von Fructose, in gleicher chemischer Bauweise, in allen natürlichen Obstsorten vor. Ja, rafinierter Zucker ist kein Grundnahrungsmittel. Man kann sehr gut ohne damit leben, z.B. durch komplexe Kohlenhydrate, wie z.B. in Brot oder Gemüse. Aber nein, Zucker ist mehr als ein Zusatzstoff. Die Absichten von Frau Lommel in allen Ehren. Aber fachlich falsche Informationen sind einfach kontraproduktiv. 6. Man hätte noch mehr auf die Auswirkungen von zu viel Zucker eingehen können. Also nicht nur Fettleibigkeit, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen usw.. Sondern auch z.B. psychische Wirkungen, wie Stimmungsschwankungen oder Depressionen. Aber da das ein komplexes Feld ist und man es nicht allein auf Ernährung zurückzuführen kann, wäre das wahrscheinlich gewagt.
  • @philc.522
    Mein Seelentröster sind Ramennudeln. Sie waren einfach für mich da in einer Zeit in der ich kaum selbst für mich da war.
  • Meine Ernährungsumstellung am Anfang des Jahres 2021 veränderte nachhaltig mein Leben, von total ungesund zu bewußt gesund essen! Minus 14kg sind dafür mein Erfolg. Bewege mich jetzt auch viel mehr und mache auch Sport, die Lust dazu kam mit jedem Kilo das purzelte. Meine Magenprobleme und Schlafprobleme besserten sich gewaltig.
  • @tinaw7708
    Wow, Ihr habt Robert Lustig bekommen? Kompliment, das ist ja der High Roller unter den Ernährungsfachleuten. Er hat die Sicht auf gesunde Ernährung in der ganzen Welt verändert - und arbeitet immer noch ohne Unterlass daran, jeden Tag. Ein toller, kenntnisreicher und charismatischer Wissenschaftler! Chapeau, ich freue mich sehr, dass Ihr ihn interviewt habt.
  • @arteultra4903
    Die Szene mit den Zuckerwürfeln und dem Kaffee, tut mir innerlich weh.. 😂
  • @MsMara1983
    Die Ursprünglichkeit und Natürlichkeit unseres Essens ist wirklich ganz entscheidend glaube ich. Man merkt wie gut es tut und wie gut es eigentlich schmeckt.
  • @hellif.8314
    Vielen Dank für die Doku! Wusste einige Sachen schon, fand die Informationen aber sehr schön zusammengestellt und freue mich jetzt noch mehr über die Gemüsepfanne, die ich mir gerade aus frischen Lebensmitteln gekocht habe 😊 Habe meinen Körper gestern Abend mit der Tüte Chips gequält und ich bin dankbar, dass mein Körper mir inzwischen anzeigt und mich bestraft, wenn ich ihm Müll füttere, weil er nach meiner Ernährungsumstellung höher qualitatives Essen gewöhnt ist. Ich hoffe so dem intuitiven Essen näher zu kommen.
  • @c.g.6892
    Danke, diese Doku ist schon alleine von der Art der Vermittlung genau das was ich brauchte, ich werde sie mir öfter ansehen, vielen Dank für die gute Recherche und die einfache Erzählung 🤗
  • @0815-Philosoph
    Gemüse, abgeschmeckt mit guter Butter oder hochwertigem Olivenöl, Salz, Pfeffer und evtl. Kräuter. Besser geht's nicht.
  • @kathrink7813
    Ein sehr interessanter Beitrag. Ich hätte mir noch Ausführungen dazu gewünscht wie schwierig ein intuitives Essen in der Gesellschaft ist. Ich war als Kind fett, denn ich musste Essen und irgendwann aß ich sehr gerne. Meine Kinder Essen intuitiv. Was dazu führt, dass wir keine Mahlzeit gemeinsam einnehmen, denn gegessen wird, wenn jemand Hunger hat und das ist tatsächlich nicht so häufig und hängt stark von den Aktivitäten ab. Auch der Zeitpunkt ist sehr unterschiedlich. Ein Kind liebt Frühstück, das Zweit isst vielleicht eine halbe Banane und möchte das ganze essen am Morgen nicht riechen. Auch die Vorliebe für das Essen an sich ist sehr unterschiedlich. Während ein Teil der Familie (ich auch) warmes Essen mag, mögen zwei Kinder das nicht. Sie Essen ausschließlich Brot, Gemüse ungekocht, Obst, Nüsse, gekochte Eier, mal ein Schnitzel. Nicht einmal Pommes oder fast food locken diese Kinder. Sie Essen auch Schokolade, aber nie viel. Ich werde sehr schräg angesehen, weil wir keine Mahlzeit gemeinsam einnehmen. Es wird Automatisch unterstellt, wir hätten keine Familienzeit, da wir nicht gemeinsam am Tisch sitzen. Ich denke die intuitive Ernährung ist für die Gesundheit wichtig. Ich merke selbst, dass sich das Ernährungsverhalten sehr beeinflussen lässt. Ich habe erst geschafft abzunehmen und das Gewicht ZU Halten, nachdem ich über Jahre , mehrmals Wöchentlich, eine Doku gesehen habe, wie ungesund Zucker und industrielles Essen ist. Es war wie eine Gehirnwäsche. Ich konnte nicht glauben, dass es so einfach war.
  • @cxristian8667
    Prof. Robert Lustig war schon mehrfach in euren Dokus mit dabei, allen voran ''Die Große Zuckerlüge'' immer wieder sehenswert !
  • @gertiholz3283
    Ich glaube, neben den Emotionen spielen die Darmbakterien auch eine wesentliche Rolle dabei, worauf wir Appetit haben. Ich stelle mir das so vor, dass je nachdem, was wir zu uns nehmen, ganz bestimmte Bakterienstämme gefüttert werden, das Zepter übernehmen und am lautesten nach mehr schreien können, während andere Bakterienstämme geschwächt und dadurch nicht mehr "gehört" werden. Man kennt das doch, wenn es einem gelungen ist, drei Tage zuckerfrei zu essen, nimmt auch das Verlangen nach Zucker rapide ab. Nach drei Tagen mit viel Gemüse habe ich auch am vierten Tag Lust auf Gemüse. Blöd nur, dass früher oder später diese emotionale Komponente wieder ins Spiel kommt, die süße und hochkalorische Lebensmittel mit Belohnung gleichsetzt. Gott sei Dank lebe ich auf dem Land, hab einen Gemüsegarten und komme nicht jeden Tag bei einem Supermakrt vorbei, das hilft enorm.
  • @icebombat
    14:24 musste ich schon gut lachen. "ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG!!!!!" Eine riesen Schüssel Brokolie für alle xD
  • @niko-pp
    Ich habe erfolgreich 70kg innerhalb 1-2 Jahren abgenommen, ernähre mich sehr gesund, (zu 99%) vegan/pflanzlich und trotzdem schaffe ich es nicht dem Crispy Chicken Burger von Burger King zu widerstehen. Dieser Burger ist einfach die Perfektion auf Erden und ich wünschte ich könnte analysieren, wieso er mich so verrückt macht. Es gibt kein anderes Lebensmittel was beim reinbeißen dieses Gefühl in mir auslöst. Ich würde den Burger sogar Sex und jeder (harten) Droge die ich jemals ausprobiert habe vorziehen. Ich hatte sogar überlegt meinen sicheren und gut bezahlten IT-Job zu kündigen um Lebensmitteltechnologie o. ä. zu studieren und zu erforschen wie ich den exakten Geschmack und die Konsistenz des Crispy Chicken Burger als gesunde Variante replizieren kann. Mein Traum ist es, jeden Tag diesen Geschmack in meinem Mund spüren zu können.
  • Sehr schöne Doku! Vielen Dank gerne mehr davon! Ich fand das Beispiel "Wollen Sie lieber eine Packung Chips oder frische Erdbeeren werden" sehr prägnant und einprägsam. Vielen Dank arte
  • @nauti32
    Einen wichtigen Punkt haben ARTE und die Wissenschaftler fast gar nicht angesprochen: Entscheidend dafür, was wir essen bzw. lecker finden, sind vor allem auch Gewöhnungsprozesse, die einerseits durch den Kulturkreis (quasi auf Makroebene) beeinflusst, und andererseits durch den familiären Hintergrund (die Mikroebene) determiniert werden. Das was einem z.B. die eigene Mutter (die wiederum ihren kulturellen Hintergrund mit einfließen lässt) seit eh und je zu den jeweiligen Mahlzeiten vorgesetzt hat, hat wesentlich höhere Chancen als "lecker" empfunden zu werden, als viele andere Lebensmittel (auch wenn diese noch so sehr im Vorfeld beworben worden sind). Der Geschmackssinn wird so quasi auf bestimmte Aromen, Zusammensetzungen und Zubereitungsformen etc. über einen längeren Zeitraum "getrimmt". Ich meine, in der Doku ist nur kurz ein Gegenbeispiel angesprochen worden: Irgend ein Nahrungsmittel (ich weiß jetzt nicht genau welches), dass einem die Mutter in der Vergangenheit immer vorgesetzt hat und man nunmehr gerade nicht gern mag. Ein solches Verhalten ist aber eher untypisch (was die Geschmacksgewohnheiten betrifft). Das was die eigene Mutter so zubereitet, wird regelmäßig als vielmehr "unübertroffen" umschrieben...
  • @mmbmbmbmb
    Gut fundierte Sendung mit Stil, Witz (die kleine Maus genuesslich Chips knabbernd am Ruecken liegend) 😊. . . und nuetzlicher Information. Vielen Dank aus Canada!
  • @Sidekix9o
    wie kann man an einem tag mehr sinnvollen Kontent bringen als der ganze Rest vom öffentlich rechtlichen das gesamte Jahr bringt xD Danke Arte